Wenn wir schreiben haben wir genug Zeit unseren Text zu bauen, wir können ihn verändern und korrigieren. Wenn ich mit jemandem spreche, kann mein Gegenüber das nicht, er holt seine Worte spontan aus der Luft. Manchmal schnappt er auch danach.
Gesprochene Sprache ist also zeitlich, lautlich, flüchtig, irrevesibel, synchron, ‚Online’ und auch inkrementell. So kommen oft ganz wundersame Satzumstelllungen zusammen und ergeben nicht nur Fehler in der Wortposition.
Wenn man das ‚Weil’ falsch benutzt, klingt es mancherorts sogar richtig, Anderen wiederum klingelt dann scheinbare Bildung durch.
‚Bleiben Sie bei den Regeln’, ist mündlich gesagt, nicht immer einfach zu befolgen.
Ein Fehler im Mündlichen ist nicht dasselbe wie ein Fehler im Schriftlichen. Wenn überhaupt von Fehlern gesprochen werden kann, muss ein anderer Standard angesetzt werden.
Aber welcher gilt hier.
Meine Kinder haben mal wieder einen ihre kleinen Schätze ausgepackt. So hatte eine meiner Töchter die Bettdecken gefalten, statt gefaltet. In Mecklenburg ist das ein gängiger Fehler und auch in ganz anderen Teilen Deutschlands scheint er nicht unbekannt zu sein.
Falten=gefaltet
Halten=gehalten
Wie kann man das unterscheiden. Zwei ganz ähnliche Worte, darüber habe ich auch noch, nachdem die Bettwäsche längst in ihrem Schrank verstaut war, nachgedacht. So flüchtig ist gesprochene Sprache dann doch nicht. Gibt es Regeln und wie unterscheidet man sie?
‚Gefalten’ ist kein Tippfehler, soviel ist klar, und es brauchte auch dringend der Korrektur. Nur woher kommt das eigentlich?
Ich habe meine Kinder gefragt, wie sie sich das erklären und habe ganz unterschiedliche Antworten bekommen:
Falten ist ein harter Vorgang, da wird GEKNICKT, GEFALZT, GEBROCHEN und halten etwas Weiches von tragen, liegen, ruhen, entspannen, jemand Anderen etwas tun lassen. Daher das harte 't' bei 'gefaltet', statt des deutlich weicheren, aber nichtsdestotrotz falschen 'gefalten'. Ihre Theorie!
Den fand ich richtig toll. Danke an Lina! Also sprechen wir oft einfach nach Gefühl.
Früher waren die Verben ‚falten’, ‚spalten’, ‚schalten’ starke Verben. Heute sind sie schwach. Also kann man nicht von Fehler sprechen. Denn Goethe hat das schon so benutzt. Der gute alte Johann Wolfgang, den würde ich auch so manchem Nachbarn vorziehen, selbst wenn er dieses eine Wort weiterhin stark dekliniert, statt 'weich' die Wäsche zu falten.
Schlimmer wäre es doch, wenn mir von denen einer die Suppe versalzen würde. Hier bin ich im buchstäblichen Sinne gespalten.
‚salzen’, ‚salzte’, ‚ges...’ Na?!
Er hat’s mir doch versalzt!
Wenn ich nur gewusst hätte, was das für eine Konjugationslawine auslösen würde, so höre ich gerade im Hintergrund weitere Einwände gegen mein Salz-Konstrukt. Im konkreten Wortsinne nimmt man besser gesalzt, so wie der Nachbar mit meiner Suppe, eine paar Zeilen darüber. Ich fand das war sehr konkret. Im Übertragenen Sinne hingegen ist das starke Perfekt: ‚gesalzen’. Da ich finde, die Suppe sei perfekt versalzt, lasse ich das mit dem Wortspiel.
Perfekt pervertiert!