Abends
...hängt jeder hier so seinem Eigenen nach.
Du kannst durch das Haus laufen und eine Tür öffnen und dich einfach dazusetzen. Vielleicht hörst du dann eine Geschichte, die traurig ist oder so weit wirkt, als könntest du von einem Felsen, die halbe Welt zu deinen Füßen überblicken, du kannst einen Teil eines Filmes auf Französisch mitansehen, von dem du kein Wort verstehst und die Figuren bringen Dich allein mit ihren Gesten zum Lachen. Hinter einer Tür hörst du Musik, die handgemacht ist oder vom Band läuft und du kannst dich treiben lassen, wohin du willst, aber wenn du allein sein möchtest, darfst du das, niemand wird dir böse sein. Du liegst da und liest ein Buch, tagträumst bei offenem Fenster und hörst dem Rauschen der Autobahn nach, als wäre es das Meer, ...und manchmal hörst du ein leises Trippeln von kleineren Füßen und selbst wenn du nichts hörst, kann es sein, dass du die Augen wieder aufmachst und zu deinen Füßen sitzen plötzlich ganz wache Besucher, die deine Geschichte hören wollen..
Nachts
...hängt jeder hier seinen Träumen nach.
Wenn du nachts bis in den beleuchteten Wintergarten sehen kannst, malt Lina ihre größten Bilder. Du kannst dabei sein und ihr zusehen, wie eine Idee zu neuem Leben erwacht, wie ihre innere Konzentration sichtbar wird und dieser Nebel zu dir hin treibt. Du kannst, zurück im Warmen eine ganz gelbe Kurkuma-Milch trinken, die Jule gerade kocht oder Dich plötzlich mit Oke und Bela und lauter Amerikanern in einer Videokonferenz wiederfinden. Vielleicht hat man Glück und irgendwer hier macht dann Musik und du verabschiedest dich ganz unamerikanisch und folgst den zarten Klängen ein Stockwerk tiefer. Was du auf keinen Fall willst... ist schlafen, denn hier wacht in der Nacht, was tagsüber ruht.
Deine Träume.
Linas größte Konzentration in Aquarell 2020