Wenn man gegen die Helligkeit etwas lange anschaut und dann die Augen schließt, sieht man den Abdruck dessen, nur dass das Dunkle hell und das Helle dunkel erscheint. Ein Negativ eingebrannt auf die Netzhaut. Über mehrere Minuten, so wie ich das Abbild als Kind immer wieder angesehen habe, die Augen geschlossen, ein wenig geblinzelt. Das Positiv war längst verschwunden und bald darauf ging auch sein Abdruck hinter meinen Lidern, wurde von starkem Rot, zu Gelb, zu Ocker und dann zu Nichts.
So wie gegen diese Helligkeit, brennt sich ein ganzes Leben in unsere Seele und wird erst langsam von starkem Rot, zu Gelb und Ocker. Aber entgegen Allem wird es nie zu Nichts.
Vielleicht verschließen wir, verschweigen Wahrheiten, bedecken sie mit neuerem Rot und kräftigem Gelb, aber Nichts werden sie nie.
Wenn wir sie nicht teilen, tragen wir sie mit uns herum, bis am Ende eines Lebens selbst die verborgenste Geschichte ans Licht drängt, weil es vielleicht ein langwieriges Tauziehen geben würde, fürchten wir, zwischen der Wahrheit und dem Tod. Weil sie schon längst bestattet war und nun nicht so sterben kann, oder einfach weil die verschwiegene Wahrheit sich auf dem letzten Drücker noch dringend eine Zweitmeinung einholen will.
Und wenn man dann die Augen schließt, löst sich das Abbild der Seele.
The Mo inspiriert von Mariana Leky "Was man von hier aus sehen kann"
Bild: Scherenschnitt von Pauline aus "Pik-7"