Schneeballschlacht mit Sätzen

Ich hätte Dich eingepackt in Worte, so ganz, mit eingeschränktem Bewegungsumfang, ähnlich wie einen Astronauten im All. Schwerelos und taumelnd, mehr als zwischen zwei einfachen Buchseiten stehen könnte. Egal was Du je gelesen hättest, ich hätte auch das letzte helle Wort dessen, in den Schatten gewickelt und dafür hunderte unserer Buchstaben entpackt.

Was wenn Du an einer Schleife ziehen würdest und Dein eigenes Herz auspacken könntest, andächtig, sinnlich und aufregend.

Es ist wichtig, dass dich jemand auffängt, wo du strauchelst und einwickelt, wo du haltlos bist. Allein ein mal so geliebt zu werden, sich selbst so zu lieben, ein mal an so einen Punkt zu kommen, mein lieber Astronaut. Nichts zu wissen und alles zu hoffen.
Alles zu Können.

Der Tag ist übrig, alles kommt nun zurück an seinen Platz, die Küche schwimmt in Kochrezepten und schmeckt nach Vollkornmehl und wo wir sprechen, hinterlassen wir hauchfeinen Staub auf dem Boden. Wenn wir dann alle hier an unserem Tisch sitzen, können wir daraus eine kleine Schneeballschlacht mit Sätzen machen..

Ich hätte Dich eingepackt in Worte!

ZündSchnur

Die menschliche Sprache ist wie ein gebrochener Spiegel. Und je nachdem aus welchem Winkel man draufschaut, nimmt man auch verschiedenes auf. Ich spreche mecklenburgisch, manchmal auch berlinerisch und hier etwas über Hamburg Rein-Norddeutsch. Meine Hauptsprache. Damit hebe ich den Schnitt deutlich auf Verständliches, wenn ich es auf das Jahr hochrechne. Ein Bild das mich trägt, statt getragen zu wirken. Sieht man ja, es sind fantastische Satzumstellungen möglich, aber genau so wirft selbst das reinste Hochdeutsch einige Fragen auf, die sich nicht nur mit einem schiefen Winkel auf die See beantworten lassen. Dafür braucht man hin und wieder auch Sextanten. Hier bin ich nun sprachlich auf jeden Fall in die Falle getappt. Humor ist eine Grundvoraussetzung geistig gesund durchs Leben zu gehen, auch wenn man dabei gerade irgendwie bekloppt aussieht- der vor sich hin grinsende Humorist. Ich mag Bildkompositionen, die wie ein irres Rezept schmecken. Blumen, die nicht jeder riechen kann. Ich mag sogar schwierige Menschen, das hab ich vielfach in diesem Leben bewiesen. Denn ganz egal in welcher Sprache man letztendlich redet, Hauptsache ist doch man spricht. Schwer wenn man Jemanden (möglichst Liebes) seine Humor-End-Station erreichen lässt, bevor dieser überhaupt wusste, das alles folgende nun, Abstellgleis bedeutet. Plötzlich nur weil man über ne Zündschnur gerollt ist, von der man nicht mal wusste, dass es sie gibt. Es braucht Worte! Das Leben ist berechenbar unberechenbar und denkbar unmöglich, wenn man das Mögliche durchdenkt.

Stell Dir Vor

Stell dir vor du hast jemanden kennengelernt und geheiratet. Hast wahnsinnig anstrengende Kinder bekommen.
Genauso muss es sein, denn es ist Jahre her, dass wir voneinander hörten. Du hast sicher vergessen wer ich war und erinnerst dich zu schwach an meine Schwächen. Hoffentlich.

Wenn ich mich neu vorstellen müsste, wäre das heute so: 42, verrückt genug das Laufen zu beginnen, in dem Moment, in dem die restliche Welt damit aufhört und sich stattdessen auf Steine werfen und Faustkampf umtrainiert.
G 20 – hier wird’s politisch. Aber statt tatsächlich was zu bewegen, bewegt sich mal wieder nix. Sind denn alle irre geworden? Währenddessen brennt Hamburg- Geschäfte werden ausgeraubt von offiziell unkapitalistischen Demonstranten. Gibt es eigentlich einen Tourismus für Krawalle?

Stell dir vor, du gehst mit 20 Kindern Zelten. Ich komme gerade von so einem Zelten, habe die windschiefe Hütte aufgebaut und einen Tag später wieder abgerissen. Das morsche Iglu ging wortwörtlich unter. Ich brauche ein neues Zelt.

Für dieses Alte war ich die 3. Frau, die vor Jahren an der Seite eines Mannes dort einzog. Gut dass wir ein Haus bauten, nein bauen ließen- kauften.


Nachts auf den Moordörfer-Äckern wird es feucht. Feuchtigkeit bringt Kälte und während in Hamburg also die Flammen tanzten, lagen wir, dreiundzwanzig, 60 km nord/östlich und froren unter klarem Sternenhimmel mit Blick auf den Vollmond, am letzten Tag des 3-Frauen-Zeltes.

Der Vater meiner Kinder 24 km weiter wusste nichts vom Spontanableben seiner geliebten Stoffbahnen und erhielt heute morgen von mir allein die Zeltstangen mit den Worten: „Mehr war nicht übrig.“

Ein Kapitel geht zu Ende. Ich hab ihm gesagt, dass ich das baugleiche Zelt meines Ex-Freundes auftreiben könnte, dort war ich die Erste Frau. Darüber war er empört. Ha! Köstlich. Spannend was auf einer Seite für Selbstverständlich gehalten wird, auf der anderen aber indiskutabel ist.

Wenn ich mich neu vorstellen müsste, wäre das heute so: 42, Zeltfrau 3 und die, die es abriss bis auf die Stangen.

Stell dir vor, trotz der Weite zwischen uns- unsere Erfahrungen würden sich decken. Was du erlebtest, was du suchtest und was du finden konntest. Es vergeht kein Tag, dass mir der Held nicht einfällt. Als ich klein war, habe ich mir so jemanden gewünscht, ich wünsche ihn mir jetzt für meine Kinder. Jemand Echten, der lebt was er sagt und fühlt was er meint. Ich denke in Zeiten in denen Unkapitalisten Unkapital aus Läden stehlen und Feuer machen, braucht es Helden. Uns sind die Vorbilder ausgegangen, die uns zu Rittern schlagen. Es braucht mehr den je- eine Hand, die hält was sie verspricht.

Ich bedaure sehr heute kaum noch Helden zu kennen. Sehe ich mich um, gibt es viel zu viel Feuer, weil viel zu wenige die Kälte aushalten können. Ich habe in einem meiner Bücher gelesen, dass es die Dunkelheit braucht- zumindest zum Träumen und Schlafen.

Stell dir nun vor, wir würden das Licht begrüßen, wenn wir wieder Aufwachen...